Insekten brauchen Nahrungs- und Nistplätze in ausreichender Vielfalt, Qualität und Verbundenheit. Während des komplexen Lebenszyklus bedarf es jeweils verschiedener Lebensräume für Fortpflanzung, Larvenstadien, Nahrungsaufnahme und Überwinterung. Je mehr Strukturvielfalt es in einer Landschaft gibt, desto eher finden Insekten dort geeignete Lebensbedingungen und Lebensräume.
Lebensräume für Schmetterlinge
Viele Insektenarten sind in den letzten Jahrzehnten ihrer Lebensgrundlage beraubt– durch erhöhte Bewirtschaftungsintensität des Grün- lands, den Verlust von Brachflächen, die Beseitigung von Kleinstrukturen in der Agrarlandschaft (wie Raine, Hecken, blüten- und kräuterreiche Säume und Feuchtstellen), wachsende Homogenität der Anbauflächen sowie Verlust von Flächen durch nicht landwirtschaft- liche Inanspruchnahme.
Tagfalterarten sind sehr gute Bioindikatoren. Schützt man die empfindlichsten und schutzbedürftigsten Arten eines Anspruchstyps durch die Verbesserung ihrer Lebensräume, werden auch andere habitatstypische Arten gefördert.
Terrestrische Mikrohabitate sind Lebensräume auf kleinstem Raum, die sich durch ein eigenes Mikroklima (Temperatur, Licht, Feuchtigkeit) auszeichnen, welches durch die Art und Beschaffenheit des Bodens (z.B. auch der Anteil an Rohboden), der Art, Dichte und Höhe der dort wachsenden Pflanzen sowie von den vorherrschenden Lichtverhältnissen (Verschattung) bestimmt wird.
Viele Schmetterlingsarten bevorzugen oft ein warm-trockenes Mikroklima und legen ihre Eier ab an jungen Wirtspflanzen wie z.B. Dolden- blütler (Dill, Pastinak, Wilde Möhre) über Rohboden oder Schottergestein, welches sich in der Sonne erwärmt und ein für viele Schmetter- lingslarven günstiges warm-trockenes Mikroklima schafft.
Manche Schmetterlinge saugen auch auf nasser Erde oder an Pfützen, um gelöste Mineralstoffe aufzunehmen. Das Belassen von unversie- gelten Flächen bietet diese Möglichkeiten.
Mit Drohnen können Mikrohabitate genauer untersucht werden. Die gewonnenen Informationen können dann bei der ökologischen Feldfor- schung für größere Flächen verwendet werden, so dass Vorhersagen beispielsweise über die Eignung für die Schmetterlingseiablage in einer Landschaft abgeleitet werden können. Mithilfe der Methode der Überbrückung von Skalen (fein bis groß) kann auch die Wirksamkeit von Naturschutzmaßnahmen eingeschätzt und überprüfbar werden. So können auch Aussagen über die Ökosystemfunktionsfähigkeit einer Landschaft gemacht werden.
Entwicklung der Brache
Die Struktur der Vegetation ist besonders bedeutsam für das Artvorkommen bei Insekten. Ein Nebeneinander aller Sukzessionsstadien ist notwendig.
Aus dem Ausgangsstadium eines vegetationsfreien, nackten Rohbodens entwickelt sich eigenständig ohne regulierenden Eingriff über verschiedene Zwischenstadien ein stabiles Endstadium einer Biozönose (Pflanzen, Tiere, Pilzgesellschaft – Klimaxgesellschaft ), die an die standortspezifischen Umweltfaktoren (Klima, Boden) angepasst ist. Sofern es die Umweltfaktoren zulassen und keine weiteren Störungen erfolgen, entwickeln sich in diesen Breiten brachliegende, sich selbst überlassene Sukzessionsflächen in Abfolge (Primär- und Sekundär- sukzession) über neubesiedelnde Pioniere, wie Prokaryoten, Moose, Flechten, zu Gräser-, Kräuter-, Stauden-, Gebüsch- bis hin zu Wald- beständen. Konkurrenzschwache Arten werden mit der Zeit durch konkurrenzstarke Arten verdrängt.
Oft wird diese Entwicklung z.B. durch Sturm, Brand, Steinschlag, Viehtritt, Maschinen, Pflügarbeiten oder Rodungen gestört oder verändert. So entstehen neue, „gestörte“ Flächen.
Gestörte Strukturen in Ökosystemen sind häufig positiv und zum Erhalt vieler, und hier insbesondere der sehr stark gefährdeten Falterarten zwingend notwendig.
Notwendig wären die Wiederschaffung von extensiven Nutzungsformen, kleinteilige Mosaike mit verschiedenen Nutzungen und auch Nutzungsterminen und ungeregelten Nutzungskomponenten. Hierdurch würden wichtige Störstellen geschaffen (in Wäldern und auf Grenzertragsstandorten oder auch auf kommunalen Grünflächen oder in privaten Gärten).
Was der Einzelne tun kann:
Lassen Sie auch in Ihrem Umfeld Strukturvielfalt, sich wandelnde Bracheflächen, zu – im Kleinen wie im Großen. Geben Sie Ruderalflächen, meist brachliegende Rohbodenflächen, eine Chance oder legen Sie selbst Bracheinseln an. Lassen Sie Verwilderung zu, Laub, Wurzelstöcke, Pfützen, abgestorbene Pflanzenteile liegen. Steinhaufen, Holzstapel, offene Bodenstellen, Bodenanrisse oder Erdlöcher bieten wichtige Mikrostrukturen für viele Insekten.
Dann ermöglichen Sie zauberhafte, flatternde Vielfalt von Insekten und leisten so einen wertvollen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt (Biodiversität).
Quellen:
- Fartmann, T. & G.Hermann (Hrsg.) (2006): Larvalökologie von Tagfaltern und Widderchen in Mitteleuropa.
- Weidemann, H.J (1989a): Die Bedeutung von Sukzession und „Störstellen“ für den Biotopschutz bei Schmetterlingen
- www.lbv.de